2009DM45

Entdeckung eines gefährlichen Asteroiden an der Taunus-Sternwarte des Physikalischen Vereins.

Die Wahrscheinlichkeit einen gefährlichen erdnahen Asteroiden zu entdecken ist sehr gering. Von deutschem Boden aus ist dies erst fünf mal gelungen. In der Nacht vom Faschingsdienstag auf Aschermittwoch 2009 waren die Amateurastronomen Rainer Kling (aus Schmitten im Taunus), Erwin Schwab (aus Egelsbach) und Ute Zimmer (aus Oberursel) auf der Jagd nach Kleinplaneten. Die Beobachter der Taunus-Sternwarte des physikalischen Vereins Frankfurt können bereits auf etliche Asteroiden–Entdeckungen verweisen.


Animation der Entdeckungsaufnahmen vom 25.02.2009

Beim Sichten der Aufnahmen des nächtlichen Himmels viel ihnen eine lange Strichspur auf. Dies ist nichts ungewöhnliches, da sich die künstlichen Erdsatelliten, von denen es reichlich gibt, bei langen Belichtungszeiten als Striche abbilden. Aber es könnte auch ein Asteroid sein, der sehr nahe die Erdbahn kreuzt.  Nachdem wir feststellten, dass sich der Neuling entgegen der Flugrichtung der Satelliten bewegt, haben wir die Entdeckung an die weltweite Zentrale, das Kleinplanetenzentrum (Minor Planet Center) in den USA, gemeldet. Dort jedoch wurde dieser Fund zunächst als Satellit eingestuft, bis die professionelle australische Sternwarte Siding Spring Survey ein unbekanntes erdnahes Objekt (NEO – Near Earth Object) sichtete. Nach der Bahnberechnung durch das Kleinplanetenzentrum wurde dann deutlich, dass es sich um das gleiche Objekt handelt, welches die Kleinplaneten-Jäger des Physikalischen Vereins bereits drei Tage zuvor gemeldet hatten. Die Freude der drei Amateurastronomen war riesig als am 28. Februar die Nachricht eintraf, dass sie die Entdecker des Asteroiden mit der Bezeichnung 2009 DM45 seien.

Email von Tim Spahr, damaliger Direktor des Minor Planet Centers, 2009-02-28 22:34 UT:
„Nice job. This looked Geocentric at the first glance. I found it matched an NEOCP object from E12 and gave your team credit for the discovery. Well done!“
Tim

2009 DM45 konnte leider nur über einen kurzen Zeitraum von 16 Tagen beobachtet werden. Die Flugbahn ist deshalb nur relativ ungenau bestimmt. Der Himmelskörper hat eine Umlaufzeit um die Sonne von 1,27 Jahren, einen Durchmesser von ungefähr 150 Metern und kam bei seinem Vorbeiflug der Erde bis auf 5,7-facher Mondentfernungen nahe. Dabei hatte er eine Geschwindigkeit von 61.200 Km pro Stunde. Er wurde als PHA (potentially hazardous asteroid) eingestuft. Das ist die Gruppe der gefährlichen Asteroiden,  die größer als ~100m sind und der Erde näher kommen können als 0,05 Astronomische Einheiten (7,5 Millionen Kilometer). 2009 DM45 war erst die 5. Entdeckung eines gefährlichen Asteroiden von einer deutschen Sternwarte, bisher (Februar 2023) ist es auch die Letzte (siehe auch PHA-Statistik). Etwas beängstigend ist die Tatsache, dass sich zum Zeitpunkt der Entdeckung dieser Asteroid bereits wieder von uns entfernte, seinen erdnächsten Punkt also schon hinter sich hatte. Wäre er auf direktem Kollisionskurs mit der Erde gewesen, hätten wir Erdbewohner den Felsbrocken erst bei seinem Einschlag bemerkt!  Die frei werdende Energie bei einem Einschlag eines  Himmelskörpers dieser Größe reicht aus um ein Gebiet von der Fläche Deutschlands völlig zu zerstören !

Die Wiederentdeckung gelang 11 Jahre später, am 24.09.2020. Kurioserweise hat Erwin Schwab 2009 DM45 auf Fotos wiederentdeckt, die bereits im August 2012 geschossen wurden. Damals hatte er für das 1m-Teleskop der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) auf Teneriffa eine Wiederentdeckungs-Kampagne initiiert. Da die Flugbahn relativ ungenau bestimmt war, hatte Schwab 13 Gesichtsfelder entlang der „Linie der Bahnunsicherheit“ von Pablo Ruiz fotografieren lassen, was rund 10 Grad (20 Vollmonddurchmesser) entspricht. Die Auswertung war jedoch ohne Erfolg – der Asteroid war mit der damaligen Software nicht auffindbar.

2020 – acht Jahre später- hat Schwab die neue Software Tycho-Tracker an den damaligen 13 Suchfeldern ausprobiert. Mittels der Methode des „Synthetic Tracking“ detektiert die neue Software automatisch bewegte Objekte, indem tausende von Bewegungsvektoren berücksichtigt werden. 2009 DM45 konnte auf einem der äußeren Suchfelder, rund 3 Grad neben der vom Minor Planet Center berechneten Position, wiedergefunden werden! Eine Animation der Wiederentdeckungsaufnahmen ist unten zu sehen. Nachdem Schwab seine neue Bahnberechnung an Marco Micheli weitergab, konnte der Mitarbeiter der ESA das Objekt auf Archivfotos finden, welche im Jahr 2017 mit einem 4.0-m Teleskop am Cerro Tololo in Chile aufgenommen wurden.

Die Wiederentdeckung wurde im Minor Planet Electronic Circular (MPEC) veröffentlicht. Nun ist die Bahnunsicherheit so gering, das der gefährliche Kleinplanet über hunderte von Jahren problemlos aufgefunden werden kann.

Tabelle der nächsten Annäherungen:

Datum Entfernung zur Erde Maximale Helligkeit
2023 Februar 0,237 AE 20,7 mag
2026 August 0,495 AE 22,6 mag
2028 März 0,119 AE 21,2 mag
2031 August 0,034 AE 16,8 mag
2042 Februar 0,059 AE 17,3 mag
2050 August 0,090 AE 17,8 mag

 

bullet Die offizielle Entdeckungsmitteilung des Kleinplanetenzentrums (Minor Planet Center)
bullet Die offizielle Wiederentdeckungsmitteilung des Kleinplanetenzentrums (Minor Planet Center)
bullet Der Orbit von 2009 DM45
bullet Nahe Begegnungen mit der Erde @ ESA
bullet Nahe Begegnungen mit der Erde @ JPL
bullet Nahe Begegnungen mit der Erde @ NeoDys
bullet Liste der bekannten PHAs @ Minor Planet Center
bullet Software Tycho automatische Detektion von bewegten Objekten