ERFOLGREICHER STERNENGUCKER: Mit dem
Asteroiden 2006 WV 129 hat der Egelsbacher
Hobbyastronom Erwin Schwab einen bislang
unbekannten Himmelskörper gefunden. (Foto: Günther
Jockel)
EGELSBACH. Ein unkundiger Sternengucker hätte
den Asteroiden auf dem Himmelsfoto wohl glatt
übersehen: Auf den ersten Blick erinnert er
zwischen den vielen Sternen am Himmel an weißes
Konfetti, das über dunkles Papier gestreut wurde.
Doch 2006 WV 129 ist ein „neuer“ Himmelskörper.
Er wurde erst vor kurzem vom Egelsbacher
Hobbyastronomen Erwin Schwab (42) entdeckt.
Zusammen mit Rainer Kling (54) sah Schwab, was
Berufsastronomen bisher verborgen geblieben war.
Und das gleicht einer kleinen Sensation. „Denn
normalerweise werden Asteroiden nicht von Laien
entdeckt. Es gibt Menschen, die dafür bezahlt
werden“, sagt Schwab. Doch der
Zweiundvierzigjährige, der seit mehr als 20 Jahren
den Himmel beobachtet, hat offensichtlich ein
gutes Auge.
Asteroiden sind feste, aus Stein oder Eisen
bestehende Kleinplaneten oder Planetoiden. Doch
ein einziger Blick durch ein simples
Supermarkt-Teleskop reicht nicht, um einen solchen
zu entdecken.
Von der Taunussternwarte aus schauten Schwab
und Kling durch ein hoch empfindliches Teleskop,
vor dem eine ebenso empfindliche, speziell für
Himmelsbeobachtungen entwickelte Digitalkamera
befestigt war.
Der Himmel muss dabei im wahrsten Sinne des
Wortes sternenklar sein. „Dann können Kamera und
Teleskop zusammen Objekte registrieren, die eine
Million Mal schwächer leuchten als solche, die mit
bloßem Auge zu erkennen sind“, erklärt Schwab.
Doch ausgefeilte Technik allein reicht nicht,
um einen Asteroiden zu entdecken. „Man sollte
zunächst einmal wissen, wo man suchen muss“,
erklärt Schwab. „Schließlich betrachten täglich
viele Berufsastronomen den Himmel.“ Doch diese,
erläutert der Hobbyastronom, „veröffentlichen im
Internet Karten von den Bereichen unseres
Sonnensystems, die sie gerade untersuchen.“
Also forschten Schwab und Kling andernorts,
nämlich zwischen den Planeten Jupiter und Mars.
Dort schließlich stießen die beiden im Dezember
vergangenen Jahres auf einen hellen Fleck, „der
ein Asteroid hätte sein können“.
Die Mitglieder des physikalischen Vereins
Frankfurt, der den beiden den Zugang zur
Sternwarte ermöglicht, fotografierten den
Kleinplaneten mit der Spezialkamera des Teleskops.
Das Feld um den Asteroiden wurde jeweils fünf Mal
für fünf Minuten abgelichtet.
„Dadurch lässt sich die Bewegung des Asteroiden
feststellen. Denn die Sterne drumherum bleiben
stehen.“ Dann musste die elliptische Bahn des
Kleinplaneten berechnet werden, „um sicherzugehen,
dass niemand zuvor unseren Asteroiden entdeckt
hat.“ Denn in der Vergangenheit könne der
Himmelskörper – an einem anderen Punkt seiner
Umlaufbahn um die Sonne – schon von anderen
gefunden worden sein.
Nach verschiedenen, langwierigen und
komplizierten Berechnungen aber stand fest: Schwab
und Kling haben wirklich einen neuen Asteroiden
entdeckt. Bestätigt hat dies das „Minor Planet
Center“ in den USA. „Nur dort konnte festgestellt
werden, ob es sich bei unserem Asteroiden wirklich
um einen noch unbekannten Himmelskörper handelt.“
Das Objekt von etwa einem Kilometer Durchmesser
wirkt selbst durch ein Teleskop nur winzig. „Die
Oberfläche eines Asteroiden lässt sich von der
Erde aus nicht erkennen“, erklärt der Entdecker.
„Nur eine Sonde kann das.“
Wer in Lissabon eine Kerze anzünde und diese
von Frankfurt am Main aus durch ein Fernrohr
beobachte, „kann sich vorstellen, wie wir unseren
Asteroiden sehen“, erläutert Schwab, der als
Ingenieur bei der Darmstädter Gesellschaft für
Schwerionenforschung tätig ist. Denn der Asteroid
ist rund 140 Millionen Kilometer von der Erde
entfernt.
Inzwischen werden weitere Vermessungen
unternommen, „damit die Bahn des Kleinplaneten
möglichst exakt bestimmt werden kann“. Sind diese
in ein paar Jahren abgeschlossen, „können wir
unserer Entdeckung einen Namen geben.“ Der
Asteroid allerdings wird nicht „Schwab-Kling“
heißen. „Nur Kometen erhalten die Namen ihrer
Entdecker.“
Für ihren Asteroiden müssen sich die beiden
etwas einfallen lassen. Doch Schwab, Vater eines
knapp dreijährigen Sohnes, ist ein erfahrener
Namenssucher: „2006 WV 129 ist der 13. Asteroid,
den ich entdeckt habe.“ Seinen
„Lieblingsasteroiden“ hat der
Zweiundvierzigjährige nach seinen Eltern benannt –
er heißt „Elfriederwin“.
Und bald wird er sich wieder einen Namen
überlegen müssen: Schwab hat vor wenigen Tagen
einen vierzehnten Asteroiden entdeckt, 2007 AP 11:
„Der ist noch interessanter, er kreuzt die
Umlaufbahn des Mars.“
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